Rund 53.000 junge Menschen suchen noch einen Ausbildungsplatz

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„Bei Unternehmen und Betrieben wächst der Druck, qualifizierten Nachwuchs auszubilden“, sagte Christiane Schönefeld, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit NRW. „In vielen Unternehmen tickt unaufhaltsam eine demografische Uhr. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die Unternehmen in NRW in diesem Jahr wieder zunehmend in die duale Berufsausbildung investieren wollen.“ Im Vergleich zum Vorjahr nahm in NRW bis Ende Juni die Zahl der bei den Agenturen für Arbeit gemeldeten Ausbildungsplätze um 6.058 Stellen oder 5,9 Prozent zu. „Allerdings gelingt es nicht allen Unternehmen, ihre Lehrstellen auf Anhieb zu besetzen“, sagte Schönefeld. Im Vergleich zum Vorjahr habe die Zahl der im Juni unbesetzten Stellen zugenommen: „Fast 48.000 Lehrstellen waren im Juni noch frei – 5,9 Prozent mehr als vor einem Jahr.“

Rechnerisch könnten diese Stellen besetzt werden, sagte die Expertin für den Ausbildungsmarkt: „Aktuell sind noch rund 53.000 junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Für beide Seiten geht also noch was.“ Doch rückten die sogenannten Passungsprobleme, die verhindern, dass Bewerber und Ausbildungsstellen zusammenkommen, immer stärker in den Vordergrund – Tendenz steigend: „Vor einem Jahr waren zum selben Zeitpunkt noch über fünf Prozent mehr Jugendliche auf der Suche nach einer Lehrstelle – fast 3.000 junge Menschen. In diesem Jahr ist das Bewerberfeld also noch einmal kleiner geworden, bei einem steigenden Angebot an Ausbildungsplätzen“.

Jugendliche halten Angebote für unterschiedlich attraktiv

Unter diesen Bedingungen werde es für Ausbilderinnen und Ausbilder immer schwieriger, passende Azubis zu finden. Das habe auch, aber nicht nur mit der regionalen Ungleichverteilung der freien Ausbildungsstellen und der unversorgten Jugendlichen zu tun: „Betrachten wir nur die Jugendlichen, die weder eine Zusage zu einem Ausbildungsplatz haben noch einen Plan B, kommt im Ruhrgebiet auf eine Stelle ungefähr ein unversorgter Jugendlicher. Im Münsterland oder in Südwestfalen sind es hingegen schon 1,6 Stellen auf einen Jugendlichen.“ Hinzu kommen laut Schönefeld weitere, wichtige Faktoren: „Viele Jugendliche interessieren sich zum Beispiel nicht für Berufe im Metallbau, obwohl hier viele Stellen frei sind.“ So kämen hier über die Berufsbilder gesehen im Schnitt auf einen Bewerber drei Ausbildungsplätze. Während hier oder auch in einigen Handwerksberufen große Besetzungsprobleme bestehen, gibt es andere Berufsfelder, für die sich mehr Jugendliche interessieren, als es Ausbildungsangebote gibt. „Solche Berufe gibt es auch im Handwerk: Im holzverarbeitenden Möbel und Innenausbau, also zum Beispiel im Berufsbild Tischlerei, kommen im Schnitt rund drei Bewerbungen auf eine Stelle“, sagte Schönefeld: „Ein wichtiger Auslöser für die Passungsprobleme ist die Attraktivität, die Jugendliche mit den einzelnen Berufsbildern verbinden. Das ist häufig sehr subjektiv und auch vom sozialen Ansehen geprägt, den ein Beruf im persönlichen Umfeld der jungen Leute hat.“

Ein Grund sei auch, sagte Schönefeld, dass viele Schulabgänger Ausbildungsangebote nicht in Erwägung zögen, da sie diese aufgrund ihrer schulischen Vorbildung für wenig attraktiv hielten. Die schulische Vorbildung der Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz nachfragen, habe sich in den vergangenen Jahren stark hin zu schulischer Höherqualifizierung verändert.  Aktuell hätten 34,3 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber die Fachhochschulreife oder das Abitur, über einen Realschulabschluss verfügten 37,1 Prozent.

Unternehmen: Neue Wege bei der Azubi-Suche betreten

Das Schülerinnen und Schüler die Angebote von Unternehmen nicht für ausreichend attraktiv halten, sei für die Unternehmen problematisch: „Die Ausbildung ist nach wie vor die wichtigste Säule der Fachkräftegewinnung in den Unternehmen“, sagte Schönefeld. „Deshalb ist es wichtig, dass Arbeitgeber sich nicht entmutigen lassen, sich weiter in der Ausbildung engagieren und vielleicht auch neue Wege ausprobieren.“

Neben der Steigerung der Attraktivität der Ausbildung für Schulabgängerinnen und Schulabgänger sieht die Arbeitsmarktexpertin Chancen darin, dass die Wirtschaft neue Zielgruppen für die Ausbildung erschließt, zum Beispiel ältere Bewerberinnen und Bewerber oder vermehrt jungen Menschen anspricht, die zunächst nicht als erste Wahl galten: „Wir sehen darin für viele Unternehmen eine gute Chance, Ungleichgewichte am Ausbildungsmarkt pragmatisch und auch kurzfristig zu lösen.“

Mit gut etablierten Angeboten wie der Assistierten Ausbildung oder ausbildungsbegleitender Nachhilfe unterstützen die Agenturen für Arbeit Unternehmen, die diesen Weg gehen: „Uns ist es wichtig, die Ausbilder und auch die jungen Menschen, die Unterstützung brauchen, nicht alleine zu lassen.“

Der Ausbildungsmarkt in Zahlen

Der Ausbildungsmarkt in NRW kennzeichnete einen Monat vor den Sommerferien weiter viel Bewegung. Insgesamt hatten sich bis in den Juni 115.478 Bewerberinnen und Bewerber bei den Agenturen für Arbeit gemeldet. Das waren 3.385 Personen oder 2,8 Prozent weniger als vor einem Jahr. Die Unternehmen stockten die Zahl ihrer Angebote bis in den Juni auf 109.520 Stellen auf, ein Plus von 6.058 Ausbildungsplätzen oder 5,9 Prozent.

Unbesetzt waren im Juni noch 47.707 Lehrstellen, 2.655 oder 5,9 Prozent mehr als zum selben Zeitpunkt vor zwölf Monaten. Unversorgt waren im Juni noch 41.276 Jugendliche – 4,3 Prozent oder 1.834 Personen weniger als vor einem Jahr. Hinzu kamen 11.313 Schülerinnen und Schüler, die eine Ausbildung suchen, aber einen Plan B in der Tasche haben, falls sie keine Lehrstelle finden. Ihre Zahl ging im Jahresvergleich deutlich um 9,8 Prozent zurück – das entsprach einem Minus von 1.224 Personen.

Im Jahresvergleich stieg das Verhältnis von unbesetzten Stellen und unversorgten Bewerberinnen und Bewerbern in Nordrhein-Westfalen von 0,88 Stellen pro Jugendlicher oder Jugendlichem im Jahr 2017 über 1,05 im vergangenen Jahr auf nun 1,2 Stellen auf eine Bewerberin oder einen Bewerber.


Quelle: Bundesagentur für Arbeit
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